In der Gruppe spielt sich's besser
Wie wir ja alle wissen befinden sich fast 80% aller privaten Radiosender in Deutschland im Besitz von Mediengruppen, die widerum
von allen möglichen Konzernen etc. gesteuert werden.
Diese Machtkonzentration führt zu höchst unrationalen Entscheidungen und soll im Endeffekt dafür sorgen, dass Image und
Positionierung sowie Rationalisierung und Führung der "angeschlossenen Anstalten" möglichst stromlinienförmig durchgeführt
werden.
Anhand eines erschreckenden Beispiels will ich mal hinterfragen, ob das im Sinne des Erfinders sein kann.
Meine Sorge gilt dem berliner Sender 94.3 rs2, als direkter Nachfolger des meistgehörten Unterhaltungssenders für die
jugendlichere Zielgruppe in der ehemaligen DDR und Berlin (Rias 2) startete der Sender in 1990 mit ca. 382.000 Hörern/Stunde
in die private Selbstständigkeit.
Zuallererst zeigte sich in dramatischer Form, dass öffentlich-rechtlich versierte "Macher" nicht unbedingt auch
die Retter des Privatfunks sein müssen.
Der Sender verlor innerhalb von 9 Monaten mehr als 300.000 Hörer und dümpelte mit enormen Aufwand bei 74.000/Hörern/Std.
eher vor sich hin.
Wichtig ist bei der Betrachtung der Lage die Tatsache, dass rs2 zu den Zeiten den Nimbus des absoluten Kultsenders bei
der Stammhörerschaft hatte, immerhin war Rias 2 zu "Ostzeiten" das akustische "Tor zum Westen".
Die Moderatoren waren Haushaltsbegriffe unter den Hörern, ich weiss das, ich war wohl einer der markantesten.
Nachdem die Geschäftsführung von rs2 unter Dr. Peter Schiwy einsah, dass Privatfunk ein anderes Paar Schuhe war, holte
man sinnigerweise Rik DeLisle als Programmdirektor ins Haus, der den Laden wieder hochbringen sollte.
Und Rik's erstes Telefonat galt mir, er überredete mich zu einer Nacht- und Nebelaktion und innerhalb von 12 Stunden war
ich dann auch mit von der Partie.
Ziel war es, den Sender unter Beibehaltung des Rias 2-Images und mit viel Zeitgeist einer rapiden "Hörer-Rückgewinnung"
zuzuführen.
Der Plan ging auf, in den nächsten zwei Jahren stabilisierte sich das Programm bei ca. 120.000 Hörern/Stunde.
Mit der "Neugestaltung" gingen jedoch auch in Gesellschafterkreisen die Hoffnungen los, mit dem Programm nun
endlich auch das "grosse Geld" zu verdienen.
Eine Erwartungshaltung die im Berliner Radiomarkt kein einziger Sender je erfüllen wird.
Zu hoch sind die PR- und Promotion-Budgets, zuviel muss (im Vergleich zu anderen Märkten) in nicht-programmaffine Nebenschauplätze
investiert werden.
Ein führender Privatsender in Berlin ist und wird immer ein Prestigeprojekt sein.
Ich bezweifele stark ob sogar RTL ein nenneswertes "return-on-investment" bei 104.6 erwirtschaftet (hat).
So veränderte sich die Gesellschafter-Denke, das heeren Ziel ein Kultprogramm zu erhalten wich der Gier.
Die RSH-Gruppe (später Regiocast) zeigte Interesse und machte Avancen.
Radio Schleswig-Holstein (RSH) war wohl das erste umwerfend erfolgreiche private Radioprojekt in der Bundesrepublik, unter
der Führung von Hermann Stümpert und gecoacht von Ad Roland avancierte der Sender zum absoluten Marktführer im Norden während
der frühen 80er Jahre.
Mit dem Weggang von Stümpert und Roland übernahm hier Ende der 80er die "zweite Welle", eine Reihe von kulturell-philosofisch
minderbemittelten Flachzangen begann den Laden konsequent runter zu wirtschaften und die Geburtsstunde der "Verschleierungspolitik"
war gekommen.
Diese Taktik basiert auf der Denke, dass man nahende Misserfolge am besten durch Expansion und hyperaktiver Verlagerung
der Kriegsschauplätze "verschleiert".
Sei kreativ und mache viele kleine Baustellen auf damit im Staufall keiner so richtig schuld ist.
Das hat ja auch fein funktioniert.
Radio NORA und Delta Radio sind nach meinem Dafürhalten direkte, erste, Resultate dieser Überlegungen.
Jedes neue Projekt profitiert im ersten Jahr erst einmal vom Hauch des Andersartigen; es gibt keine Ziffern und nur gute
Nachrichten an die geschätzten Gesellschafter.
Und wenn es dann mal nicht so läuft, kauft man sich halt Freiraum (PSR, Antenne MV etc.) durch Beteiligungen.
So standen dann auch die "Raubritter" aus dem Norden vor der Tür der Voltastrasse in Berlin; Dr. Schiwy ging
und überliess das "Schlachtfeld" dem Uli Gathmann, der neue Statthalter der Kieler Expansionspiraten.
Vorweg muss ich für den Gathmann eine Lanze brechen; er kam als "harter" Manager-Typ nach Berlin und mutierte
im rs2-Alltag zu einen der liebenswertesten Menschen die ich kennenlernen durfte.
Fasziniert von Rik DeLisle und seiner zu der Zeit sehr unorthodoxen Art Führung (Morgenshow 06:42, Telefonat inmitten
der Sendung "... Dorfmann! Du zerstörst meine Programm!! Das will ich gewiss nicht haben!!" zu zeigen, erstaunt
und begeistert von Erich Schöpe's Brachial-Visionen und fast wagnerianischem Auftretens und immer bemüht "sein"
Team zusammenzuhalten.
Nur....., vom Radio hatte der Uli leider keine Ahnung.
Zuweilen befürchte ich, dass das gewollt war.
Bei rs2 gab es zu dieser Zeit durchaus die "Leidenschaft" zum Radiomachen, Rik gab sehr vielen Menschen eine
Chance sich in das Wagnis Radio einzubringen (unvergessen das Engagement von "Flitzer-Blitzer" Ingo Haack, der inmitten
der Nacht die "Samba Party" mit Carlos Santana oder ein "Overnight in Bangkok" der erstaunten Hörergemeinde
im Stil des "Kessel Buntes" präsentierte), das sind die Momente für die ich den alten Ami immer lieben werde.
Obwohl ich auf Lebzeiten wahrscheinlich als anarchischer Chaot und Unterhaltungs-Terrorist verschrien sein werde, gibt
es durchaus auch eine streng analytische und vorausschauende Seite an mir.
Ich sah die Änderungen kommen als sie noch fern am Horizont flimmerten, die kleinen Anzeichen, die "Informationsbesuche"
aus Kiel, der herannahende "Wandel" der nichts Gutes verhiess.
Es war für mich der Grund die Voltastrasse zu verlassen und ein neues Abenteuer in Hannover einzugehen, wo ich für Steffen
Müller das Design der Hitradio-Gruppe (die gabs da natürlich noch nicht) durchziehen sollte.
Geboren wurde diese Gruppen-Idee nachdem RSH in den Kindertagen des privaten Rundfunks grossartige Gewinne scheffeln konnte
und mit dem, damals leicht verdienten, Geld was "grosses" auf die Beine stellen wollte.
Es spricht für die Profilneurosen vieler Privatradio-Gesellschafter und Geschäftsführer, dass man sich , koste was es
wolle, anscheinend andauernd Denkmäler setzen muss.
Anstatt die erwirtschafteten Gewinne sicher zu investieren und mit dem return-on-investment für schlechtere Zeiten vorzubauen,
wird zuteilen völlig unüberlegt die Knete unters Volk geworfen.
Ist ja nicht die eigene, wen interessierts?
Diese Regiocast-Gruppe, geführt u.a. von dem mega-erfolgreichen Erwin Linnebach (der Mann schlich sich in 1987 in meine
Firma ein um, als potentieller Kunde getarnt, unsere Software-Entwickelungen zu kopieren und den präpotenten Versuch zu unternehmen
sie zu vermarkten), versteht nichts so gut wie die Verkaufe von Desastern und Katastrophen als Mega-Erfolge.
Sieht man sich die hörerzahlmässige, programmatische und wirtschaftliche Entwickelung an, muss man sich fragen ob die
Gesellschafterversammlungen dieses Vereins im Irrenhaus abgehalten werden.
Hier findet eine unsägliche Form der egomanischen Selbstbefriedigung im laufenden Betrieb statt, ein Z-Movie für sebstbewusstseinsgestörte
Kleingeister.
Nüchterne und klardenkende Geschäftsleute handeln entschieden anders.
Seit Jahrzehnten wird der Gewinn und das Gesellschafterkapital virtuell vernichtet mit keinem einzigen greifbar positiven
Geschäftsresultat.
Jedes Unternehmen was sich dieser Gruppe anschliesst oder von ihr vereinnahmt wird, verliert unwiderruflich in katastrophalem
Ausmass.
Letztes gutes Beispiel 94.3 rs2.
Da die guten Ziehkinder aus Kiel denken, am Nabel der Medienwelt zu hängen, sind sie in ihrem Grössenwahn mittlerweile
soweit, dass sie wirklich glauben, dass ihr drittklassiger Geschmack und ihre kleinbürgerlich bourgoise Wertewelt der Grund
für ihre "göttliche" Berufung als Medien-Manager sind.
Meine Lieben, in Führungspositionen sucht man sich nicht tagelang den neuesten Laptop aus, verbringt Stunden am Telefon
um die Bonusmeilen zu verbuchen, verbummelt seine Stunden in Top-Restaurants mit anderen Flachzangen und überlegt danach tagelang,
wie man das Mercedes-Cabrio als nächstes Firmenfahrzeug kompensiert bekommt.
Man arbeitet!!!
Wie alle Euren getretenen und aufs Notwendigste reduzierten Mitarbeiter, die sich nicht mal das Benzingeld für ihre Fahrten
ersetzen lassen dürfen, und dann auch noch tagtäglich Schiss haben müssen um ihren 800 Euro Job.
Es muss ja gespart werden.
Das ist spätzaristisches Blutsaugerdenken vom Feinsten.
Es würde höchste Zeit, dass die wahren Verantwortlichen, Gesellschafterversammlungen und Medienanstalten, diesem Kindskram
mal auf den Grund gehen.
Die Verschwendung und teilweise nah an der Veruntreuung dümpelnden unnützen und irrsinnigen Ausgaben würden bestimmt die
nächsten PR-Kampagne locker finanzieren.
Aber das ist alles nur halb so schlimm, es fängt an weh zu tun wenn man die Dimension des Wissens-Defizites dieser Horde
spätpubertärer Möchtegerns erkennt.
Die haben von Radio weniger Ahnung als ein Eskimo von Gefriertruhen!
Die grosse Frage jedoch lautet: Warum sollten gewinnorientierte Firmengruppen und/oder Holdings ein offensichtlich defizitäres
Handeln goutieren oder unterstützen?
Eine Frage die ich nicht beantworten kann; höchstens der Spekulation kann hier eine Chance gegeben werden.
Vielleicht ist es überhaupt nicht der Sinn der Sache, primär mit Medienbeteiligungen an Radiosendern Gewinn zu erwirtschaften.
Wie gesagt, primär.
Könnte es nicht sein, dass hiermit auche eine Art "Blockadepolitik" betrieben wird.
Mehrheitlich sind die Hauptanteileigner an den grössten privaten Radiosendern grosse regionale und überregionale Verlagshäuser.
Die Elite der Verleger (Bertelsmann, Springer, Holtzbrink, Bauer, Burda etc.) betreibt und beteiligt sich gern an jedem
möglichen Radioprojekt und "gemeindet" dies dann in seine Firmengruppe ein.
Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die grossen Befürchtungen (wie sie bereits vor Etablierung des Privatfunks im Gesetzgebungsverfahren
deutlichst artikuliert wurden), dass der Privatfunk Einnahmen von den Printmedien fernhalten würde, weiterhin vorherrschen.
So könnte man mit der Philosofie "Jeder Cent den der Privatfunk nicht einnimmt, ist Zusatzeinnahme fürs Printsegment"
durchaus defizitäre wirtschaftliche und programmatische Entwickelungen im Privatfunk fördern um das Kerngeschäft (Print) zu
sichern.
Dies funktioniert natürlich nur dann, wenn es defakto eine Monopolstellung der Verlagshäuser bei den relevanten (grossen)
Konglomeraten geben würde.
Wer hält denn die meisten Anteile im Land?
Denn! Würde sich im Privatfunk-Segment ECHTE Konkurenz durch nicht-verlagsgebundene Veranstalter auf nationaler Ebene
entwickeln bedeutet das u.U. massive Einnahme-Einbussen im Print-Bereich.
Eine Angst die ich durchaus verstehen kann.
Gebe mir eine grössere Radiogruppe und ich würde innerhalb von zwei Jahren eine Einnahmesituation schaffen, die nicht
nur das autarke Überleben der Gruppe sichern sondern vorallem ab Geschäftsjahr 4 überdurchschnittliche Gewinne generieren
würde.
Egal was alle sogenannten "Spezialisten" prophezeien.
Und diese Gruppe würde MASSIV Einnahmen vom Printsektor wegzeiehen (und nicht nur dort), glaubt es mir.
All dies bestärkt mich in meiner Theorie, dass die Gesetzgebung zur Veranstaltung von privatem Rundfunk in der Bundesrepublik
Deutschland bis heute unausgegoren, unpluralistisch und ungerecht ist.
Nur eine völlige Neuordnung der Gesetze hin zu einer unabhängigen und interessenfreien Gestaltung dieser Mediengattung
könnte die Atrraktivität von Programmen steigern, die autarke Überlebensfähigkeit der Sender sichern und die, verbal immer
wieder geforderte Vielfalt Realität werden lassen.
Ich glaube, für diese Gedanken werden mich sehr, sehr viele Menschen in den Konzernzentralen nachhaltig gern haben!
Das ganze Leben ist ein Quiz!
Ja, wir haben es wohl alle kommen sehen!
Gemahnt wurde davor in Foren in der ganzen Republik.
Aufrichtige Verantwortliche wollten es nie!
Nun ist es da!
Das Nacht-Quiz-Radio ala 9Live.
Was im Fernsehen schon als Gipfel perverser Abzocke und unglaublicher Niveau-Absenkung etabliert ist, hält jetzt auch
Einzug ins bundesdeutsche Privatradio.
Nach dem einfachen Prinzip: Umsatz, Umsatz, Umsatz!
Was der Hörer davon hält ist uns doch vollkommen egal, irgendwelche Idioten die zahlen finden sich doch immer!
So hält ein Finanzierungsmodell Einzug in das Radiogeschäft was an Perfidität nicht zu überbieten ist.
Die "Macher" erwarten dass der Hörer sich für eine Programmform abzocken lässt, die der übergrosse Teil der
Hörerschaft nicht will und kategorisch ablehnt.
Wie bei zum Tode verurteilten Verbrechern in China, wo die Familie noch für die Exekutionskugel zu zahlen hat, erwartet
man hier vom gepeinigten Hörer das er oder sie die Veranstaltung dieses medialen Schwachsinns auch noch mit gebührenpflichtigen
Anrufen finanziert.
(OK der Vergleich ist sehr hart aber im Kern wahr)
Mit einem unglaublichen Selbstverstümmelungstrieb steuert man das leckgeschlagene Schiff Privatfunk zielgerecht auf das
nächste Riff zu!
Die Privatfunk-Bande macht (ungeschickt verkleidet) genau das wofür sie die öffentlich-rechtlichen Anstalten bei jeder
sich auftuenden Gelegenheit geisselt: Sie kassieren einfach versteckte Gebühren um ihre Unfähigkeit auf herkömmlichen Wege
Einnahmen zu generieren zu kaschieren.
Der Unterschied jedoch ist; dass ÖR-Sender einen fest umschriebenen Programmauftrag haben und Nischen und Sparten programmatisch
zu versorgen haben.
Die Privatfunk-Kasper hingegen tun so, als gebe es keinerlei Auflagen und/oder Richtlinien.
Das ist Hyänen-Kapitalismus vom Feinsten.
Weil, wen trifft den diese Abzocke?
Die besserverdienenden Höhergebildeten?
Die anspruchsvolle Zielhörerschaft mit Ausgabe-Potential?
Nein! Es trifft (wie immer im Wunderwerk Formatfunk) die labilen, gesellschaftlich und materiell weniger gut gestellten
"Opfer", die sich ihre "Teilnahme" an diesem Schwachsinn wahrscheinlich auch noch vom Hartz-IV-Geld absparen
in der Hoffnung auf das grosse Glück.
Welches Bildungs- und Intelligenz-Niveau man sich damit heranzieht dürfte klar sein.
Wahrscheinlich die durchschnittliche IQ-Quote eine Privatradio-Geschäftsführers.
Nicht nur sind dies nicht unbedingt die Kernzielgruppe für potentielle Werbekunden, ausser den schäbigen 69 Cent pro Anruf
(die aber bei eskaliertem Anrufverhalten durchaus Familien vernichten können) kommt halt nichts dabei rum.
Fassungslos frage ich mich, wann endlich einmal eine Lizensierungsbehörde Schritte gegen dieses Verhalten einleitet und
prüft ob diese Sender überhaupt noch ihre Linzensierungsbedingungen erfüllen.
(Wahrscheinlich wird das Abzocke-Geschrei auch noch als Wortanteil gewertet...)
Wenn man schon meint, keine ethisch-moralische Kompetenz haben zu müssen, wenn man schon meint für den lieben Mammon jede
Kacke mitmachen zu müssen und wenn man schon meint dass diese Konzepte und Programmformen die miserabele Einnahmesituation
in der Branche retten würden, dann sollte man doch auch über Entmündigungsverfahren gegen die verantwortlichen Handelnden
nachdenken dürfen, oder?
Die ganze Welt redet vom Kyoto-Protokoll; wann unternimmt mal jemand etwas gegen diese akustische Umweltverschmutzung?
Macht die ganzen Läden zu und schreibt ihre Frequenzen neu aus, aber dieses eine Mal richtig!
Lasst doch mal die Leute ohne Lobby machen, mehr Schrott als bisher kann da auch nicht rauskommen.
Im Gegenteil, Radio dürfte wieder vielfältiger, spannender und unvorhersehbarer werden.
Und dafür würde ich zumindest gern auch ne Gebühr zahlen, Hauptsache diese Volksverdummung hört auf!
Ich bin fassungslos.
Mai 2007,
Dennis King
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