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MÄRZ 2006.
Obwohl ich mich vollkommen aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen habe und zur Zeit mit anderen Dingen beschäftigt bin,
erregt mich das ein oder andere Thema schon.
So zum Beispiel die ausufernde Geschmacklosigkeit und schon schmerzende Dummheit einzelner Handelnder im privaten Funk
in Deutschland im Jahr 2006.
Wir sind uns wahrscheinlich alle einig, dass eine gute PR-Aktion durchaus Aufmerksamkeit, billige Zeitungs-Promotion und
Gesprächsstoff bieten kann.
Was die Protagonisten der Ostseewelle jedoch mit ihrer "Wir schicken unsere Wetterfee nach Afghanistan"-Aktion
bezwecken wollen ist mir völlig schleierhaft.
Das und die Tatsache wie mit diesem Thema on-air umgegangen wird lässt mich am Geisteszustand von Geschäftsführer Tino
Sperke und seinem Morgen-Moderator Marcus Jappke zweifeln.
http://www.radioforen.de/showthread.php?t=20400
Man bedenke, in Afghanistan sind deutsche Soldaten stationiert um im Rahmen eines internationalen Auftrages zu helfen
die demokratischen Strukturen in diesem Land zu sichern.
Das ist nicht ohne Gefahr, einige sind schon in Gummi-Säcken nach Hause gekommen.
So pathetisch es klingen mag, da geben Menschen ihr Leben für die Sicherung von Grund-Prinzipien fernab der Heimat.
Diese Tatsache für eine billige, schlecht dargestellte und perfide kleine PR-Aktion zu nutzen und sich on-air noch über
die Situation lustig zu machen, sprengt alle Grenzen.
Wie heruntergekommen muss unsere Branche sein wenn schon zu solchen Mitteln gegriffen wird?
Wie hohl, stumpf und überdurchschnittlich intelligenzbefreit müssen Verantwortliche sein um soetwas zuzulassen?
Und wie zag- und duckmäuserhaft sind wir, die Betrachter, wenn wir nicht spätestens hier sagen "Halt!", es gibt
Grenzen.
Wenn Klinsmann ein bescheuertes Fussballspiel verliert mit seiner Mannschaft schlittert die Nation fast in eine Staatskrise.
Wenn aber Kriegssituationen und die damit verbundenen Leiden zum boulevardesken Aufhänger zur Profilierung von provinziellen
Radio-Gauklern gemacht werden ist alles gut.
Im Bundesland unserer Kanzlerin.
Lediglich der ein oder andere "Profi" im vorhin zitierten Internetforum ringt sich einen Kommentar wie "Hoffentlich
fällt ihr keine Granate in den Ausschnitt" ab.
Warum macht hier keiner das Maul auf?
Wie abgestumpft und publicitygeil ist diese Branche geworden?
Ist unsere einzige Reaktion die, dass wir abwarten was passiert und dann unseren Nachtmoderator nach Bosnien, Bagdad oder
in die Bekaa-Ebene schicken.
Hat ja bei der Ostseewelle auch geklappt.
Schicken wir zur nächsten MA 100 Hörer mit Splitterschutzwesten und Tagesrationen zur "Truppenunterhaltung"
in der Transall nach Kabul?
"Warum vor dem PC sitzen und Simulationen spielen, Radio XYZ schickt Dich einen Tag in den Krieg mit dem besten Mix
der 80er, 90er und den Hits von Heute"
Und, warum reagiert hier keine Lizensierungsbehörde?
Ist es denen egal?
Verstehen sie es nicht?
Über jeden Fliegenschiss regt sich ein ganzes Land auf, gegen täglich 18 Minuten Mehrabeit streiken öffentliche Bedienstete
im warmen Schoss ihres schönen Jobs schon seit fast 8 Wochen, gegen die populistische Verharmlosung solcher Kriegsszenarien
jedoch sagt niemand etwas.
Ich erinnere mich hier gern an etwas was vor ca. 27 Jahren geschah als ich noch recht neu beim RIAS war; ich spielte dort
in meiner Sendung den Titel "Jesus führt" von Robert Long.
Ein Song über die Scheinheiligkeit der Religion und die Doppelmoral vorallem der römisch-katholischen Kirche, hart aber
wahr im Text.
Ich wurde am nächsten Tag zum Intendanten Freiherr von Hammerstein bestellt und mir wurde nahegelegt, diesen Song nicht
mehr zu spielen.
Die Kirche hätte sich aufgeregt.
Da musste ich dem von mir äusserst hoch geschätzten Herrn v. Hammerstein leider erklären, dass ich dies nicht tun würde...
Punkt.
Was Long in seinem Song sagte war wahr, und warum dürfte diese nachprüfbare Wahrheit keine Öffentlichkeit erfahren?
Als aktives Mitglied der Wiederstands-Gruppe um Graf von Stauffenberg müsste der Intendant dies doch verstehen.
Ich habe mich nicht versteckt, habe nicht klein beigegeben und zu meinen Überzeugungen gestanden.
Auch wenn das im Ernstfall das "Aus" bedeutet hätte.
Eingebracht hat es mir den Respekt, dass ein "Hitparaden-Fuzzi" und "Piratenfunker" wie ich auch die
Eier in der Hose hatte, zu seinen Überzeugungen zu stehen.
Das würde ich mir heutzutage öfters wünschen, dass Formatradio-Moderatoren auch mal das Rückgrat straffen und zu ihren
Überzeugungen stehen.
Wenn sie denn welche haben.
Sperke und Jappke von der Ostseewelle sind Produkte einer fehlverstandenen Management-Philosofie, von Erfolgslehren und
Personal-Coaches die ihnen vorpredigen dass Erfolg ein messbares Gut ist.
Dass Alles, aber wirklich Alles, dazu getan werden muss um die heeren Unternehmensziele zu vervollkommnen.
Mit harter, DDR-kadergeschulter Hand zu dem gemacht was sie nun sind; gut bezahlte und willenlose Befehlsempfänger.
Ein funktionierendes Hirn ist in dieser Branche eher hinderlich, Moral ein Luxus den sich nur wenige leisten und Überzeugungen
sind etwas für Rentner.
Mensch, bin ich froh raus zu sein!
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RADIO TEDDY, ein Glücksgriff.
Bitte! Seid nicht enttäuscht. In dieser Kolummne gibt es leider etwas positives, kein Genörgel.
Ich möchte mich an dieser Stelle tief vor Uwe Schneider und Uli Köhler verneigen; was diese beiden mit ihrem Kinderradio
auf die Beine gestellt haben, ist wirklich vorbildlich.
Bei aller Kritik an der bundesdeutschen Radiolandschaft, es gibt sogar hier ab und zu Entwickelungen die neu und anders
sind.
Ich kenne den Uwe schon ein paar Jahrzehnte, von den "Teens" über den Rias und zu den Anfängen bei 100,6, Radio
JFK bis heute habe ich immer aufmerksam seinen Weg verfolgt.
Der Uli Köhler war auch schon beim Rias dabei und hat lange Zeit mit der Spotlive und im Radio beim RBB etc. gearbeitet,
auch ihn hatte ich immer im Augenwinkel.
Seit vielen Jahren gingen beide mit der Idee des Kinderradios schwanger, oft belächelt und etwas ungläubig betrachtet
vom Rest der Radio-Giganten in unserer Republik.
Wahrscheinlich weil sich keiner so recht vorstellen konnte, was die Beiden denn bitte sehr da ausheckten.
Ich weiss noch wie ich Beide, damals noch im Europa-Center, traf als sie gerade wieder mal hoffnungsfroh von einer Bewerbung
beim damaligen Kabelrat zurückkehrten und tatensfroh kundtaten, jetzt werde es wohl endlich mal klappen; tat es nicht.
Das Thema Kinderradio war immer im Raum wenn Uwe und Uli auftauchten, sogar ich neigte letztendlich dazu die Beiden für
leicht besessen zu halten.
Dabei vergass ich, mit welcher Vehemenz ich mich damals bei Radio Caroline eingesetzt habe und wieviel mir der Traum Radio
wertgewesen ist.
Aber!
Was sollte das werden?
Der Kinderkanal im Radio?
Wie sollte das funktionieren?
Und dann Mitte dieses Jahres erfüllte sich ihr Traum, Radio Teddy ging auf Sendung.
Ein Familien-Radio im besten Sinn des Wortes, mit der elterlichen Liebe der Protagonisten gestartet für eine bisher im
Radio vernachlässigte Zielgruppe.
Ein Spartenprogramm wie es vorbildlicher nicht sein könnte, der beste Beweis für die These, dass Radio zielgruppen-affin
sein muss um zu überleben, starken inhaltlichen Bezug zu seinen Hörern haben sollte, seelisch-emotional binden sollte und
ANDERSARTIG und EINMALIG sein sollte.
Die zuweilen präpotenten Kommentare vermeintlicher "Profis" in Internet-Foren zu der Programmschleife im Vorfeld
veranlassten mich, entgegen meinen Neigungen, dass Radio mal anzuschalten um zu hören was die Jungs so verbrachen.
Ich war vom ersten Augenblick an begeistert und muss ehrlich zugeben, dass ich den Beiden dieses Resultat nicht zugetraut
hatte.
Zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit fragte ich mich, warum mir diese Idee nicht gekommen ist.
Radio Teddy ist nicht nur ein Radiosender in der herkömmlichen Form, Radio Teddy ist eine programmatische Investition
in die Zukunft.
Es ist aber auch der Triumph einer Idee, der beste Beweis dafür dass Überzeugung und Standfestigkeit gegen alle Widrigkeiten
des Alltags im Endeffekt siegen können und Neues sichselbst eine Chance erarbeiten muss.
Uwe und Uli haben das Radio nicht neu erfunden; sie haben uns aber allen gezeigt dass Rundfunk mehr ist als Format-Radio
und Dudelkacke, sie haben gezeigt das andersartige Ideen funktionieren können und sie haben, ganz im Sinne ihres "Mentors"
Uli Schamoni, mit viel Mut und Einsatz ihren Traum Realität werden lassen.
So banal es klingen mag, das gibt mir Hoffnung.
Es lässt hoffen, dass nicht alles im bundesdeutschen Privatradio am Arsch ist, dass es noch Überraschungen gibt und es
ist der beste Beleg dafür, dass das "Aus der Reihe tanzen" eine positive menschliche Eigenschaft ist.
Jetzt sollten wir beiden für ihre Beharrlichkeit danken, unseren eigenen Fokus neu justieren und diese aufkeimende Pflanze
der Änderung mit viel Liebe und Unterstützung zur Blüte führen.
Lieber Uwe, lieber Uli,
ich wünsche Euch viel, viel Glück, Erfolg und Einnahmen!
Und ich freue mich darüber, dass ich mich so in Euch geirrt habe!!!!
Alles Liebe,
Dennis
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